Freitag, 26. Oktober 2012

Koraput

Chitipiti!




Nationalsport Cricket wird hier überall und immerzu gespielt


Herbst gibt´s auch in Indien - irgendwie!


  
Public School in Koraput

Die Küche im Widow-Ashram

Die Wohngemeinchaft des Widow-Ashram in Koraput


Jesse im Baum



  
Ja, da drin wohnt auch jemand ;-)

Urlaubsfeeling 


Eveningprayer 

Heal The World...

Nach ein paar Tagen in Koraput, die wir u.a. mit Ausflügen, Gebets- und Andachtsgruppen und der Besichtigung des Widow-Ahsrams verbracht haben, bin ich wieder in Jeypore und möchte euch die wunderschönen Bilder unseres Ausflugs in die Backwaters nicht enthalten!

Wir sind am Donnerstag ganz früh aufgestanden, denn es sollte schon um 6.00 Uhr morgens mit dem Jeep los gehen. So früh morgens ist in Koraput eine ganze andere Stimmung als tagsüber – es hat etwas von Geisterstadt, dicke Nebelschwaden schoben sich durch die Straßen und verschluckten jedes Geräusch, auf den Straßen war noch wenig los und wir machten uns auf in die Natur, die sich nach dreieinhalb mal abbiegen traumhaft schön vor uns ausbreitete.

Der Nebel lag über den Feldern und tauchte die Welt in goldenes Licht, fast magisch und unbeschreiblich schön. Nach einiger Zeit hielten wir an und parkten das Auto am Straßenrand, schlugen uns durch vom Tau noch ganz nasse Felder; die Fabenpracht, die sich uns bot, war wahnsinnig: Weizengelb, knalliges Grün, die Nebelschwaden, die sich noch nicht so ganz verzogen hatten, purpurfarbene Weizenhalme standen im Feld, der Himmel zeigte langsam blaue Flecken zwischen weißen Wolken, die Erde strahlte rot...man wusste gar nicht, wo man zu erst hin gucken soll! Am Wasser waren kleine Felsen, auf die wir uns setzten. Die Weite des Sees hat etwas von Meer und ich fühle mich zu Hause.

Wir hielten eine kleine Andacht, sangen gemeinsam und lasen einen Bibeltext aus dem Johannesevangelium über die Heilung eines Blinden mit den Elementen Erde und Wasser. Wir sprachen über den Text und kamen schnell auf das Thema Bewahrung der Schöpfung, denn in all der Pracht und Schönheit dieser Erde, die sich uns hier bietet, saßen wir selbst in den Backwaters am Ufer des Sees wieder zwischen Plastikmüll und Abfall, was mir einen Stich ins Herz gibt.
Es gibt hier Bundesstaaten, die sich um ihr Wasser regelrecht bekriegen müssen, weil sie sich ein Trinkwasserreservat teilen müssen. In eine Pipeline in der Nähe von Littiguda, die von dem See direkt zur Aluminiumfabrik führt und kein Wasser abgibt für die Dörfer, haben Menschen in ihrer Verzweiflung ein Loch geschlagen, wo nun das Wasser heraus sprudelt, um etwas von dem Wasser nehmen zu können. 

Wir beschließen, dass wir demnächst einen Jugend-Workshop zum Thema Abfall- und Ressourcenmanagement organisieren wollen. Das Nachdenken über Umwelt und Nachhaltigkeit oder das Schaffen eines Bewusstseins für gewisse Dinge wie z.B. „Warum ist es eigentlich nicht ok, wenn ich meinen Müll einfach ins nächste Gebüsch pfeffere? Und was könnte man stattdessen tun?“ kommt hier leider definitiv zu kurz, und wo ansetzen, wenn nicht bei der Jugend...?



















KiBiWo in Littiguda

Einige von euch fragen sich bestimmt – was bitte ist eine KiBiWo?! Die Theologen unter uns wissen wahrscheinlich schon Bescheid ;)

Hier wird z.Z. das hinduistische Puja-Fest gefeiert und alle Straßen sind mit knallebunten Lichterketten geschmückt, es blinkt und strahlt und hat was von Las Vegas auf indisch.
Aufgrund dieses Festes sind gerade Ferien in Orissa. Damit den Lütten in dieser Zeit nicht langweilig wird, wurde für die umliegenden sieben Dörfer Littigudas (ein wunderschönes und entzückendes kleines Dorf mit 700 Einwohnern, Dalits und Adivasis, in einem Tal in Orissa) eine KinderBibelWoche organisiert, wo sich nahezu 400 Kinder mit dem Bibelvers „Be renewed“ aus Epheser 4,23 beschäftigt haben. Die Kleinen, die teilweise so klein gar nicht mehr waren, haben gesungen, Theater gespielt und musiziert. Besucht haben wir die KiBiWo schon am Sonntag, wo wir als deutsche Gäste natürlich auch etwas vorsingen und vortanzen sollten. Keine falsche Scham, bitte schön, das war legendär! Die Menge tobte.

Die KiBiWo mündete dann in eine riesige Vorstellung am Dienstag Abend, in der alle erarbeiteten Performances in einem großen Fest vorgestellt wurden. Wir reisten dazu aus Jeypore wieder an, sogar mit dem Bischof, der das Fest feierlich eröffnete. Wir durften als Gäste ein paar Grußworte sprechen und dann die Show genießen. Wahnsinn!

Hier ein paar Bilder dazu!












Jeypore genudelt

Wie sich das für Indien gehört, isst man hier jede Menge Reis, Linsen, Bohnen und scharf gewürzt. Tatsächlich beginnt man den Morgen gleich schon sehr herzhaft, zum Beispiel mit Itly (Reisfladen), Puri oder Dosa (jeweils in Fett gebackene Teigwaren), dazu wird Chutney gereicht und süßer Chai-Tee getrunken. Mittags isst man gerne Reis, Nan (in Fett ausgebackene Brotfladen – ober lecker!) oder Chapati (Teigfladen, ohne Fett in der Pfanne gebacken), dazu Dahl, also gekochte Linsen, und gekochtes und gut gewürztes Gemüse. Ab und zu gibt es auch Huhn oder frittierten Käse. Abends isst man im Grunde wie mittags.

Am Anfang macht das Essen hier noch unheimlichen Spaß, es schmeckt wirklich himmlisch, exotisch, aufregend! Auf die Dauer wird es aber dann aber doch etwas eintönig, sehr variantenreich ist das indische Essen leider nicht. 

Aber man weiß sich ja zu helfen! Jesse und Nele, die beiden Volontäre aus Deutschland, mit denen ich hier in Jeypore lebe und gern und viel Zeit verbringe, hatten noch waschechte Buchstabensuppe aus Deutschland dabei, die wir uns neulich zum Abendbrot gemacht haben. Da kamen richtig heimatliche Gefühle auf! Verewigen mussten wir uns dann auch gleich auf dem Kochtopf ;) Voilá!















Montag, 22. Oktober 2012


      Ihr Lieben,

willkommen auf meinem Indien-Blog!

Seit drei Wochen bin ich nun in diesem schönen, verrückten, chaotischen, fröhlichen, bunten und widersprüchlichen Land und Indien hat mich mit Haut und Haaren umschlungen!

Meine „Homebase“ hier ist die JELC (Jeypore Evangelical Lutheran Church) in Jeypore, im Bundesstaat Orissa. Hier habe ich mein Zeug, hier fühle ich mich zu Hause und von hier aus zuckel ich durch die Gegend und erkunde Orissa und im Januar/Februar sogar ganz Indien.
In Jeypore arbeite ich mit Angelious Michael zusammen, dem Koordinator der hiesigen Jugendarbeit. Angelious organisiert u.a. Programme für Jugendliche über Spiritualität, Umweltbewusstsein (u.a. ist Müllbeseitigung, oder besser gesagt – die Nicht-Beseitigung hier ein großes Problem) oder Genderfragen (Die Rolle der Frau in der Gesellschaft, das Verhältnis von Mädchen und Jungen mit- und zueinander, wie stehen Jugendliche zum Thema arrangierte Ehen, die hier noch immer Gang und Gebe sind?). Hier wird außerdem wie verrückt musiziert, Sport gemacht, gemeinsam abgehangen oder gesungen, es ist eigentlich immer was los – Alleine sein ist völlig out!

Ich wohne hier im Guesthouse der JELC und habe ein wunderbar großes Zimmer, das ich ab und zu mit anderen Gästen teile, im Grunde genommen aber für mich habe. Fließend Wasser habe ich ebensfalls und meistens auch Strom, es sei denn, es ist gerade „Powercut“, also stromsparmaßnahmenmäßiger Stromausfall. Das passiert zumindest zu regelmäßigen Zeiten, nämlich morgens von 9-10 und abends von 18-19 Uhr, so dass man gut drumrum planen kann. Zwischendurch fällt allerdings auch ganz gerne mal der Strom einfach so aus, aber wenn man nicht gerade am skypen ist, fällt das kaum auf. Trotzdem ist die Devise – immer eine Taschenlampe dabei haben, sonst ist schnell mal zappenduster!

Seidem ich hier bin, habe ich natürlich schon eine Menge erlebt!
Gleich zu Beginn meines Indienaufenthaltes waren wir in Nowrangpur, wo wir ein Jugendprogramm über „Youth and Spirituality“ organisiert und das Christian Hospital und die Theodore Public School besucht haben.

Danach ging es für 10 Tage zusammen mit Angelious Michael und Hartmut Naumann und Marion Elm aus Hamburg in die Berge, um dort mit Jugendlichen und Adivasis, also Ureinwohnern Indiens, ein Musical zu basteln. Traumschöne und wahnsinnig intensive Tage waren das, ohne fließend Wasser, ohne so wirklich Strom und sowieso ohne Internet. Handyempfang gab´s nur, wenn man auf einem bestimmten Berg an einer bestimmten Stelle sein Handy in eine bestimmte Richtung hielt. Herrlich! Einfach mal abschalten – sowohl das Handy, als auch sich selbst. Hier zählte nur das Projekt und das gemeinsame Zusammenwachsen. Die Herzlichkeit und Wärme, mit der uns die Bewohner des kleinen Dorfes dort begegnet sind, war unbeschreiblich. Auch war dort eine unglaubliche Verbindung zur Natur und ihren Geschöpfen zu spüren – etwas, was einem in der Stadt leider doch etwas verloren geht, in all dem Gewusel und der Hektik, die dort herrscht.

Letzte Woche ging es dann nach Laxmipur, wo sich gerade ein tolles Wasser-Projekt entfaltet, denn die christliche Gemeinde dort lebte bisher ohne fließend Wasser. Durch die großzügige Spende der Missionars-Brüder Speck, viel ehrenamtlichem Engagement und die Unterstützung des Zentrums für Mission und Ökumene konnte nun eine Pipeline gelegt werden, die das Dorf mit Wasser versorgt.

Außerdem habe ich die christliche Frauenarbeit kennen gelernt, die von Reverend Nivedita Gorda aus Kotpad geleitet wird. In der Frauenarbeit geht es neben Biblestudies vor allem darum, ein Bewusstsein für sich, seine Umwelt und seine Gesellschaft zu schaffen, aber auch ganz grundsätzlich zu lernen, wie man sein Haus sauber hält, seine Kinder zu sozial kompetenten Menschen erzieht oder wie man so wirtschaftet, dass man mit dem Wenigen, das man hat, gut hinkommt. Bei Rev. Nivedita Gorda werde ich den November verbringen und dort meine Zeit mit einer Predigt zum Reformationstag beginnen. Meine erste Predigt auf englisch vor indischer Zuhörerschaft – Spannend!

Zu Indien selber , wobei man Stadt- noch von Landleben unterscheiden muss, lässt sich auch unendlich viel erzählen. Nach wie vor kann ich manchmal gar nicht fassen, dass ich tatsächlich und wirklich in Indien bin – der Wahnsinn! Ich freue mich jeden Tag auf´s Neue und sauge die Eindrücke, die sich mir hier jeden Tag bieten, mit allen Sinnen auf.

In Jeypore tummeln sich täglich tausende von Menschen auf den Straßen, es liegt tatsächlich überall Müll am Straßenrand und wird eins mit dem fest getretenen Lehm, den Kühen und Ferkeln und deren Ausscheidungen, dem Hundedreck und dem merkwürdigen Tabak-Spucke-Gemisch, das ständig auf die Straße gespuckt wird. Überall fahren Autos, Mofas, Fahrräder, Rickschas, bahnen sich ihren Weg durch die anderen Verkehrsteilnehmer und die Menschen, die einfach auf der Straße gehen. Die meisten Häuser sind in einem schlimmen Zustand, aber gleichzeitig kunterbunt und darum auf ihre Art wirklich schön, es riecht nach Gewürzen, Exkrementen, Essen, Abgasen, Obst und Gemüse, es riecht nach Indien, überall kann man alles kaufen, Gebäck, kleine abgepackte Artikel wie Pantene Pro-V, Jakob´s Krönung, Oil of Olaz, Handykarten, Handys selbst, Kleidung, Schuhe, Leute schweißen irgendwelche Sachen auf der Straße zusammen, daneben sitzen uralt aussehende Frauen und Männer auf ihren Decken und verkaufen diverses Gemüse, Kälber wuseln immer noch durch die Gegend, es hupt und schreit und schwitzt...

Es ist die totale Reizüberflutung und ich weiß noch, dass mich sehr gemischte Gefühle begleitet haben in den ersten Tagen. Es war Wahnsinn, ich war wirklich wirklich in Indien und alles war staubig, laut, anstrengend – und gleichzeitig so unheimlich aufregend, verrückt, wild, vielseitig und wunderbar, wie Indien eben sein kann, wenn man, zwischen all dem Elend und der Rückständigkeit, die leider an vielen vielen Ecken hier herrscht, offene Augen für die Fröhlichkeit und Herzlichkeit der Menschen hat und ihnen und ihrer Umwelt sowohl mit Freude und Neugierde, als aber auch mit einem kritischen Bewusstsein für die Zustände begegnet, die in diesem Land herrschen. 

Indien ist wirklich das Land der Extreme und das löst es auch in mir aus – ich bin immer wieder hin und her gerissen zwischen Fassungslosigkeit und dem großen indischen Glücksgefühl. Zum Glück überwiegt letztendlich doch immer letzteres und ich bin einfach wahnsinnig glücklich hier zu sein –  Ein großes Geschenk!

Aber jetzt mal genug der vielen viel zu wenigen Worte. Hier kommen die Bilder!